3. Expeditionsbericht 21.4.-27.4.2005


Servus liebe Besucher meines Everest-Tagebuches!
Heute am 21.4. zeigt sich der Everest von seiner Postkartenseite -
weiss angezuckert - wolkenloser Himmel - kaum Wind - angenehme
Temperaturen. Am Vormittag wird gefaulenzt, am Nachmittag steige ich
zur Aklimatisation auf einen kleinen Mugel, so ca 5.700 Meter hoch. Ich
versäume fast das Abendessen. Die Stimmung ist super und ich bin wieder
absolut fit.

Heute am 22.4. steigen in der Früh einige unserer Gruppe gemeinsam mit
Kari bereits Richtung ABC-Camp auf. Ich werde mit dem Rest der Gruppe
in 2 Tagen folgen. Also noch 48 Stunden so richtig relaxen. Ich besuche
wieder die Tibeter in ihren einfachen Zeltbehausungen und bin neuerlich
von der Gastfreundschaft begeistert. Wenn du da hineinkommst, wird
sofort ein Sitzplatz freigemacht und ein Tee steht auch schon am Tisch.
Interessant ist, dass hier mehrere Brüder gemeinsam eine Frau und bei
ihr auch jeder seine Kinder hat. Sie müssen sich eben ein bischen
abwechseln. Es wäre sicherlich vernünftig, dieses System auch bei uns
einmal auszuprobieren, aber wohl besser umgekehrt! Auch viele
Grusskarten habe ich in den letzten Tagen geschrieben, manche mit
speziellen Wiedmungen, wie zum Beispiel: "Diese Gegend hier wäre wohl
nichts für dich - weit und breit kein Streichelzoo"! Jetzt aber Spass
bei Seite - morgen geht es weiter in neue Höhen.

Heute schreiben wir den 24.4. Bereits in der Früh werden die Jacks
bepackt, der zweitägige Marsch ins ABS-Camp beginnt, es erwarten uns
26 km Fussmarsch mit 1.300 m Höhenunterschied. Zuerst marschieren wir
über endlose Moränen durch das Rongbuktal. Über eine Steilstufe
erreichen wir den East Rongbukglacier der weit bergwärts führt. Nach 4
Stunden Gehzeit treffen wir auf einen talwärts gehenden Amerikaner mit
starken Zahnschmerzen. Da mein Freund Robert aus Bad Goiserrn ja
Zahnarzt ist, hat er ihm gleich nachgeschaut und musste eine
ernüchternde Diagnose stellen: Weisheitszahn vereitert - vermutlich
Ende der Expedition. So nahe liegen hier eben Erfolg und Misserfolg
zusammen. Endlich dann nach sechseinhalb Stunden Gehzeit erreichen wir
das Intermediacamp (porvisorisches Zwischencamp), wo wir nach einfach
zubereitetem Abendessen müde in den Schlafsack fallen.

Gleich am nächsten Morgen geht es wieder weiter. Die Kulisse hier ist
gigantisch. Zuerst vorbei an hunderten Metern hohen Felswänden, dann
hindurch zwischen bis zu 100 Meter hohen Eisseraks. Diese glasklar
glitzernden Eistürme mit unermüdlichen Klettermöglichkeiten gibt es in
ihrer pyramidenförmigen Art nur in dieser Gegend, da auf Grund der
Äquarornähe die Sonne mit fast 90 Grad einfällt. Bei dieser
Gelegeinheit Grüsse an meine Kletterkumpels Otti, Martin, Hannes und
Lois. Von den Möglichkeiten hier wärt ihr begeistert! Ja Ihr würdet
fast durchdrehen - aber auch euch würde der Saft auf dieser Höhe bald
ausgehen. Ich weiss, dass ihr in Südfrankreich bald den warmen Fels
geniessen werdet - aber ich komme ja bald zurück. Jetzt aber wieder
zurüch zu meinem Aufstieg. Nach einer Gehzeit von 5 Stunden erreiche
ich das ABC-Camp auf 6.400 Meter - eine imposante Zeltstadt hier. Es
werden so ca 200 Zelte hier aufgebaut sein. Die Überwindung des relativ
grossen Höhenunterschiedes haben mich müde gemacht, der Kopf brummt
ähnlich wie nach einer durchzechten Nacht, also nichts Neues. Ich bin
aber recht gut drauf, beim Abendessen fallen noch einige gute Sprüche -
also es passt.

26.4., die letzte Nacht habe ich so mittelmässig verbracht, es hat ca
10 cm geschneit und in der Früh ist es sonnenklar, ein wahrer
Bilderbuchmorgen. Ich öffne die Zeltplane, der Blick auf des Nordcool
und auf die direkte Aufstiegsroute bis auf ca 8.700 Meter sind
grandios. Diese über 2.000 Meter hohe Flanke birgt wohl allerhand
Gefahren in sich und wird uns in den nächsten Wochen alles abverlangen.
Es gibt heute von noch einem freudigen Ereignis zu berichten. Unsere
einzige Expeditionsteilnehmerin, die Veronika aus St.Gallen, sie
startet heuer bereits den dritten Versuch, hat ihren 53. Geburtstag.
Es ist eine bewundernswerte Frau mit gewaltigem Biss, sie wirds heuer
schaffen!!!!!! Vor 3 Tagen im Bace Camp hat sie eine wirklich starke
Meldung herausgelassen - ohne die Tonlage zu verändern: "Christian, die
Aktion, die du da für Menschen für Menschen machst gefällt mir - ich
spende hiermit sofort 750,--Euro. Das hat nicht nur bei mir, sondern
auch bei meinen Expeditionskollegen Eindruck hinterlassen. Es wird
jetzt so sein, dass die meisten meiner Expeditionsfreunde einen stolzen
Betrag spenden werden. Ich muss sagen, unser kleines Team ist
geschlossen, es gibt keine Aussenseiter und wir sind guter Dinge. Der
Tag endet mit Faulenzen und auch der 27.4. verläuft ohne besondere
Aktivitäten. Ich muss mich einfach auf die neue Höhe einstellen und das
wird noch einige Tage dauern. Vermutlich in 2 Tagen werden wir auf das
Nordcool auf 7.000 Meter aufsteigen, Ausrüstung hochtragen und dort
schlafen. Alles was weiter passiert, werde ich Euch im nächsten Bericht
in ca 5-7 Tagen schildern.